Tonnenweise Geschmack

Bei Tagesanbruch am 28. November 1966 wurde ein Schwarm von Frauen in einen Salon in der 19 East ^54th Street in New York City eingelassen. Monate zuvor hatte der Fotograf Irving Penn bei einem Besuch des Salons zu dessen Inhaber gesagt: "Du stehst mitten in der Geschichte". Dieser Inhaber war der High-Society-Friseur Kenneth Battelle, und wer seine Kunden kannte, wusste, dass Penns Bemerkung zutreffend war. Als die Dämmerung hereinbrach, befand sich noch immer eine Schar glamouröser Damen in Kenneths Schönheitstempel im dritten Stock. Zu ihnen gehörten Lauren Bacall, Lee Radziwill, Rose Kennedy und Pamela Churchill, damals Mrs. Leland Hayward. "Wir hatten eine Menge Ehefrauen, Ex-Frauen und Mätressen, die wir an verschiedenen Orten verstecken mussten", erinnert sich Kenneth. Die bevorstehende Soirée, die die Glitzerwelt des Films, der Mode, der Kunst, der Politik und sogar der Königshäuser in Kenneths Haus lockte, war Truman Capotes sagenumwobener Schwarz-Weiß-Ball, auch bekannt als die Party des Jahrhunderts, was Penns Behauptung bestätigte. Churchill war ein unermüdlicher Diplomat und Gesellschaftsmensch, und seine Ehen und Liaisons mit solchen Persönlichkeiten beschäftigten die Boulevardpresse. Eine dieser Liaisons war die mit dem griechischen Schifffahrtsmagnaten Stavros Niarchos - ein Name, der passenderweise "Herr der Schiffe" bedeutet.

Niarchos war an diesem Abend nicht anwesend, aber seine damalige Frau Charlotte Ford war mit einer Maske im Großen Ballsaal zu sehen. Die Tochter von Henry Ford II - dem Vorstandsvorsitzenden der Ford Motor Company - wurde mit dieser Bemerkung von Capote zum Stoff einer Legende: "Sie war eine der ersten, die Courrèges trug. Es gab jemanden, der ihren Look fand und dabei hätte bleiben sollen". Die Scheidung von Niarchos ließ nicht lange auf sich warten - nur 14 Monate nach ihrer heimlichen Hochzeit in Juarez, Mexiko. Doch in typischer Niarchos-Manier nutzte er diesen vermeintlichen Rückschlag zu seinem Vorteil. Er war immer noch mit seiner dritten Frau, Eugenia Livanos, liiert, die auch die Mutter von vier seiner Kinder (das fünfte ist seine Tochter Charlotte) und vor allem die ältere Tochter des mächtigsten griechischen Reeders, Stavros Livanos, war. Niarchos überzeugte das griechische Gericht geschickt davon, seine Ehe mit Ford für ungültig zu erklären, weil Griechenland keine zivilen Ehen anerkannte. Seine nächste Meisterleistung, um seine Ehe mit Eugenia offiziell rückgängig zu machen, war die Tatsache, dass die griechisch-orthodoxe Kirche ihre Ehe nie aufgelöst hatte. Nach ihrem frühen Tod im Jahr 1970 heiratete er ihre jüngere Schwester Tina, die sich Anfang der 1960er Jahre von Aristoteles Onassis hatte scheiden lassen und mit Sunny Blandford, dem späteren^11. Traurigerweise starb Tina 1974. Für jeden, der zur "beau monde" der Gesellschaft gehört, ist es nur allzu leicht, sich über Details aus dem Privatleben zu definieren, aber für Niarchos sind diese nur eine winzige Fußnote zu seinem unvergleichlichen Vermächtnis.

Stavros Spyros Niarchos wurde 1909 in Athen geboren, drei Monate nachdem seine Eltern aus Buffalo, New York, in ihr Heimatland zurückgekehrt waren, wo sie ihren ersten Reichtum erworben hatten. Er wuchs in der Hafenstadt Piraeus auf. Sein Vater Spyros finanzierte den Ausbau des Getreidehandels von Eugenias Eltern und baute zusammen mit seinem Schwager eine Getreidemühle in Piräus, was es Spyros ermöglichte, seinen Sohn auf eine Privatschule zu schicken. Später verlor Spyros jedoch sein Vermögen bei Spekulationen an der Athener Börse, was ihn dazu zwang, seinen Sohn von der Schule zu nehmen. Dieser erste Schicksalsschlag prägte zweifellos jenen Ehrgeiz, den Stavros sein ganzes Leben lang in unvorstellbarer Weise ausleben sollte.

Da Stavros an der Universität Athen Jura studierte, kamen ihm die von der Familie auferlegten finanziellen Beschränkungen angesichts seiner Vorliebe für das Nachtleben, die Frauen und den Luxus nicht gerade entgegen, denn er wollte schnell zu finanzieller Stabilität gelangen. So ging er 1928 zu seinem Großvater mütterlicherseits, Ioannis "John" Coumantaros, einem bedeutenden Geschäftsmann für Mehlmühlen. Anfang der 30er Jahre drohte ein Hafenzoll zwischen Argentinien und Griechenland, der für die griechische Dampferflotte, die vom atlantischen Getreidehandel abhängig war, verheerend sein konnte. Einige kluge griechische Unternehmer mit ausreichend tiefen Kassen riskierten jedoch, zu den Preisen der Depression in Schiffe zu investieren. Coumantaros war einer dieser Spieler, und im Alter von 30 Jahren hatte Niarchos praktisch die Kontrolle über die Schifffahrtsaktivitäten des Unternehmens und charterte Schiffe, um Weizen aus Argentinien in die ganze Welt zu transportieren. 

"Man kann nie wissen, was ein Schiff wert ist", sagte Niarchos. Wenn es jemals eine Zeit gab, die dieses Zitat veranschaulichte, dann war es der Zweite Weltkrieg. Niarchos verleaste seine Schiffe 1941 an die Alliierten, und obwohl er sechs von ihnen durch deutsche Bomben und U-Boot-Angriffe verlor, ermöglichte ihm seine Versicherungszahlung in Höhe von 2 Millionen Dollar den Aufkauf von überzähligen Liberty- und Victory-Frachtschiffen und T2-Tankern, die während des Krieges in Massen produziert wurden. Nachdem er die Schiffe an eine panamaische Gesellschaft verleast hatte, um amerikanische Steuern zu vermeiden, wurde er von der US-Regierung verklagt und musste eine Geldstrafe von 12 Millionen Dollar zahlen, einige Schiffe abschreiben und drei Supertanker auf amerikanischen Werften bauen lassen. Obwohl es so aussah, als stünde Niarchos auf der falschen Seite des Systems, hatte er wieder einmal bewiesen, dass er in der Lage war, der Zeit voraus zu sein. Der Nachkriegsboom im Handel war der Beginn einer Schiffsbauwelle, und nicht nur seine drei großen Tanker erfuhren eine deutliche Aufwertung, er gab auch andere in Auftrag, die größer waren als die seiner Konkurrenten. Es war eine Zeit, in der Niarchos und andere dynamische griechische Reeder als die "Goldenen Griechen" bekannt wurden, auch wenn es Niarchos sicherlich geärgert hätte, einen Namen mit Aristoteles Onassis teilen zu müssen.

Anfang der 50er Jahre schmiedeten Onassis und König Saud bin Abdulaziz Al Saud von Saudi-Arabien den Plan von Jeddah, der es Onassis ermöglicht hätte, den weltweiten Öltransport zu monopolisieren und damit der reichste Mann der Welt und der ultimative Goldene Grieche zu werden. Zurück in London, im Claridge's Hotel, traf sich Niarchos mit Robert A. Maheu, einem Troubleshooter, und gemeinsam entwarfen sie eine Strategie, um den Vertrag mit Jeddah zu brechen. Dazu gehörte angeblich auch die Platzierung eines geheimen Mikrofons in einem von Onassis bewohnten Zimmer. Niarchos betonte, dass es keinen Markt für Konkurrenten gebe, und der Vertrag wurde von einem Schweizer Gericht mit der Begründung annulliert, dass er eine Bedrohung für die amerikanische Sicherheit darstelle. Dieses Ergebnis war nicht nur ein Coup für Niarchos, sondern ein voller Triumph, da er das Geschäft für sich beanspruchte, das Onassis verloren hatte. 

Für Liebhaber von Popkultur-Nachrichten im^20. Jahrhundert, die sich besonders für persönliche Rivalitäten interessierten, dürften Bette Davis gegen Joan Crawford, Arnold Palmer gegen Jack Nicholson und Stavros Niarchos gegen Aristoteles Onassis ganz oben auf der Liste gestanden haben. Aber es besteht kein Zweifel, dass der Kampf zwischen Niarchos und Onassis alle anderen Rivalitäten in den Schatten stellt. Oft waren es Onassis' monumentale innovative Taten, die Niarchos anspornten, sie in den Schatten zu stellen. Und das tat er bei vielen Gelegenheiten, indem er nicht nur ein globales Geschäftsimperium aufbaute, sondern auch eine weltberühmte Pferdezucht und -rennbahn, die bis heute floriert, ganz zu schweigen von seiner sagenhaften Kunstsammlung. Wie bereits erwähnt, wurde das Jeddah-Geschäft von Onassis' Vorteil auf Niarchos' Vorteil umgedreht. Als Reaktion auf den Kauf von Skorpios durch Onassis kaufte Niarchos seine eigene Privatinsel, Spetsopoula. Nachdem er die ersten Supertanker der Welt gebaut hatte, wurde Onassis als "Tankerkönig" tituliert. Im Jahr 1955 lief die 47 750 Tonnen schwere Spyros Niarchos, der damals größte Tanker der Welt, in Barrow-in-Furness vom Stapel, und um erneut die Vorherrschaft auf dem Meer zu erlangen, ließ Niarchos die Atlantis I vom Stapel - eine Superyacht, die fünfundfünfzig Fuß länger war als Onassis' geschätzte Christina O, benannt nach Christina, seiner einzigen Tochter mit seiner ersten Frau, Tina Livanos. Als Mehrheitsaktionär des Hôtel de Paris über die Société des Bains de Mer (SBM) besaß Onassis das berühmte Hôtel Hermitage. Doch 1968 kaufte eine Gesellschaft unter der Schirmherrschaft der Familie Niarchos das Kulm Hotel St. Moritz, ein historisches Hotel, das Stavros liebte.

Beide Titanen hatten eine Vorliebe für Erbinnen, und es ist möglich, dass ein Teil ihrer Anziehungskraft darin bestand, ihr eigenes Imperium auszubauen. Es heißt, dass Niarchos ursprünglich Tina heiraten wollte, aber Onassis überredete ihren Vater, ihm die Heirat zu erlauben, und Niarchos heiratete stattdessen ihre ältere Schwester Eugenia - eine Verbindung, die in den späten 40er und 50er Jahren Bestand hatte. "Damals wurde jede Nacht in schwarzer Krawatte verbracht", erinnerte sich eine Zeitgenossin von Pamela Churchill, "Es gab weniger Geld als heute in New York oder London, aber viel mehr Luxus; es gab weniger Namen und viel mehr Geschmack." Sie hätte sich genauso gut auf Monte-Carlo statt auf Paris beziehen können. Im Jahr 1951, als Onassis und Fürst Rainier III. sich freundschaftlich verbunden hatten, wurde der griechische Magnat de facto zum zweiten Herrscher des Fürstentums. Er wurde zum Dreh- und Angelpunkt Monacos und erlangte erneut einen elitären Status, der durch die Heirat von Fürst Rainier mit der Hollywood-Schauspielerin Grace Kelly nur noch verstärkt wurde. Die illustren Namen, die auf den riesigen Yachten von Niarchos und Onassis im Hafen verkehrten, wurden immer zahlreicher. Wenn es jemals eine Zeit oder einen Ort gegeben hat, der den Inbegriff von modischem Geschmack verkörperte, dann war es auf diesen Yachten.

Im Sommer '56 wurde in Monaco ein himmlisches Bild von Tina - damals noch Mrs. Onassis - und Niarchos aufgenommen. Er trug einen eleganten weißen Smoking und eine schwarze Hose, blickte in Tinas verführerische Augen und ihre Figur wurde durch ihr elegantes Paillettenkleid hervorgehoben. Abgesehen von diesem bemerkenswerten Moment ist die schwarze Krawattenuniform von Niarchos einen Blick wert, vor allem wenn man auf der Suche nach Inspirationen für die Abendgarderobe auf einem Schiff im Mittelmeer ist. Der weiße oder cremefarbene Smoking, ein Dauerbrenner bei heißem Wetter, wurde in den 1930er Jahren bei der eleganten Gesellschaft in Palm Beach und Rhode Island populär. Er wurde oft aus Gabardine hergestellt, einem leichten und atmungsaktiven Stoff, der heute wieder in der höflichen Gesellschaft beliebt ist. Alexander Kraft ist eine Koryphäe, wenn es um unsere moderne Zeit und um die schwarze Krawatte in Paris und an der Côte d'Azur geht. Als langjähriger Bewohner von Paris, der Provence und Monaco hatte er schon immer ein feines Gespür für Eleganz. Mit seinem gleichnamigen Label Alexander Kraft Monte Carlo bietet er eine Fülle von kreativen und stilvollen Kleidungsstücken, die Ihre mediterrane Garderobe bereichern. Erst in diesem Frühjahr ist die Abendgarderobe, einschließlich Smoking, Slipper, Fliegen und Hemden, bei AK MC angekommen.

Niarchos war nie dafür bekannt, dass er mit seinem riesigen Vermögen prahlte. Abgesehen von verschiedenen Geschäftsabschlüssen agierte er mit einem echten Hauch von Klasse. Eines Tages im März 1969 stand er nachdenklich in seinem roten Salon im Hôtel de Chanaleilles - dem prächtigen Pariser Stadthaus, das er 1956 gekauft hatte. Hinter ihm stand das imposante biblische Gemälde Pietà, das berühmteste Werk von El Greco. Die von korinthischen Säulen unterbrochenen roten Samtwände brachten den zeitlosen Prince-of-Wales-Karoblazer, den Niarchos über einem Merino-Mockneck-Pullover trug, nur noch mehr zum Leuchten. Er entschied sich dafür, den Blazer hochgeknöpft zu tragen, was bei einem nur 1,70 m großen Mann den Eindruck von Größe nur noch verstärkt, wenn er sich für ein Modell mit zwei statt drei Knöpfen entscheidet. Aus einem Leinen-, Seiden- und Wollgemisch gefertigt, wird bei AK MC ein taktvoller Prince-of-Wales-Karoblazer angeboten. Wenn Sie nicht gerade im nächsten Winter in der Karibik in eleganter Gesellschaft verkehren, eignet sich der Blazer mit seiner eleganten Silhouette eher für schicke Sommerveranstaltungen wie das Barrière Deauville Horse Racing Meeting, das jedes Jahr im August stattfindet. Ganz gleich, ob er in Deauville eines seiner Vollblutpferde beobachtete, auf dem Deck seiner Yacht L'Creole saß oder einfach nur ein unbezahlbares Kunstwerk in einem seiner berühmten Anwesen betrachtete, Niarchos bewahrte sich sein lockeres Gemüt, das durch seine Kleidung, die lässige Eleganz ausstrahlte, stets noch verstärkt wurde.

Niarchos (London) Ltd. hat Niederlassungen in der ganzen Welt, unter anderem in London, New York und Athen, aber sein "schlagendes Herz" war in den 1960er Jahren Monaco. Hier hatte er, dem Innovationen nicht fremd waren, im Büro in Monte Carlo einen der ersten kommerziellen Großrechner installiert, um seine umfangreichen und vielseitigen Interessen zu verfolgen, lange bevor Computer zu einem Standardwerkzeug für Unternehmen wurden. Diese Tatsache ist nicht allgemein bekannt, was nur ein Beispiel für Niarchos' geheimnisvolle Züge ist. Für seinen bahnbrechenden Beitrag zur Wirtschaft wird Niarchos als ein wahrer Unternehmer von höchstem Rang gepriesen, und sein Beispiel sollte als Ermutigung für die eigenen Unternehmen dienen. Heute und angesichts der Erfolge von Alexander Kraft in seinen eigenen Unternehmungen (zu denen sein milliardenschweres Sotheby's International Realty France, sein Maklernetz in Monaco und die Alexander Kraft Monte Carlo Lines gehören) sollte dies als Inspiration für den Erfolg in verschiedenen Bereichen herangezogen werden.

Einer der Erben des Vermögens von Stavros Niarchos I ist sein Enkel Stavros Niarchos III. Der mit der russisch-amerikanischen Kunstsammlerin und Geschäftsfrau Dasha Zhukova, der Ex-Frau des russischen Oligarchen Roman Abramovich, verheiratete Stavros Niarchos III. eifert seinem Großvater in Sachen Frauen in der High Society nach, hat aber auch die Aufgabe, das unermessliche Vermögen zu schützen, das Stavros Niarchos I. mit dem Kulturzentrum der Stavros Niarchos Foundation in Athen in Erinnerung gerufen hat - ein würdiger Tribut an diesen bahnbrechenden Unternehmer.